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Dispotom

Kolumne November/05

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Kolumne - November/05

Besuch ist, wenn man trotzdem spielt

Der Samstag ist heilig. Jede Woche auf's neue freue ich mich auf die einstudierte Reihenfolge: Frühstück, Üben, Sportschau, Training.

Doch der letzte Samstag sollte meine Geduld auf die Probe stellen. Besuch war angekündigt! Unsere langjährige Freundin Tine (Marke: ökologisch wertvoll) hatte sich völlig überrschend einen Typen geangelt. Das war bei weitem keine Selbstverständlichkeit und mein Herzblatt wollte das seltene Ereignis gebührend würdigen - und zwar bei uns zu Hause. Um 18.00 Uhr! Am Samstag! Arrgghh...

Das erforderte plötzlich meine ganze Planungskapazität. Immerhin hoffte ich, dass der Kerl mindestens Fussball mag und eventuell sogar an Computern interessiert ist. Dann würde ich es ihm erlauben - wenn er schön brav ist - neben mir die Sportschau zu verfolgen und sich anschliessend ruhig und kommentarlos das Battlefield-Community-War-Training anzuschauen. Und die Mädels könnten nebenan die neuesten Errungenschaften der Tupperware-Forschung bestaunen.

Soviel die Theorie. Leider ist es schwieriger 4 Personen unter einen Hut zu bringen, als auf einem offnen Server für Disziplin zu sorgen. Ausserdem hasst Tine Computer, Technik und Großkonzerne.

Punkt 18 Uhr klingelte dann der angündigte Störfaktor. Ich stürzte zur Tür, um gleich von Anfang an für klare Verhältnisse zu Sorgen. Codename: "Shock and Awe for Tine"

Meine Erste Reaktion: Ach du Scheisse! Vor mir kullerte die mit gelb-grünen Stoffresten behangene Tine rum und in ihrem Kernschatten ein etwa 1,80m großer, blonder Modell-Typ. Wenn das Leni Riefenstahl noch sehen könnte, hätte sie ihn wohl gleich unter Vertrag genommen. Eines war klar: Der sah irgendwie nicht wie ein Spiele-Freak aus. Adjeu, du schöner Plan.

Na gut, auf zu "Plan B". Gleich beginnt ja die Sportschau, also platzierte ich die beiden auf der Couch und drehte schonmal unseren Fernseher in meine Richtung. Weiter kam ich nicht mehr, denn Tine hüpfte schon aufgeregt wie ein Flummi auf und ab. In Verbindung mit dem Farbenspiel ihrer Öko-Kutte bekam ich langsam Kopfschmerzen. Sofort begann Sie zu erzählen, was für ein toller Kerl ihr neuer Lover sei. Er macht immer so romantische Sachen - UND NICHT DIE ÜBLICHEN MÄNNERDINGE!

Herrschaftszeiten - da schwammen meine Fälle entgültig davon. Vielleicht sollte ich allmählich einen Herzinfarkt simmulieren - im Krankenhaus gibt's schliesslich auch Fernseher. In diesem Moment begann übrigens die Sportschau.

Doch wenn es auch noch so dunkel ist...ein Lichtlein kommt stets noch vorbei. Denn plötzlich bemerkte ich, dass er meinen PC anstarrte. Und nicht nur das. Sein Blick klebte förmlich auf der Battlefield-Verpackung und meiner MX700-Maus. Langsam begann ich wieder ruhiger zu werden und die Situation zu meinen Gunsten zu gestalten.

Mit all meiner Lässigkeit lehnte ich mich in meinem Sessel zurück, setzte mein breitestes Grinsen auf und erwähnte an den blonden Sonnengott gewandt: "Ich hab' grad ein 'Bloodpatch' für Version 1.45 von BF1942 selbst programmiert."...Stille im Raum...kurze Pause..."Und er läuft auf allen Servern."

Jetzt begann Tine langsam zu hyperventilieren. Meine bessere Hälfte stieß mir unsanft in die Rippen - wahrscheinlich sollte ich nicht schon wieder dieses leidige Computer-Thema ansprechen. Unser hochgewachsener Gast juckelte unruhig auf seinem Platz und stotterte: "Ich..mach...mir...nichts...aus...Computern". Hehehe, von wegen. Wahrscheinlich bestehen in Wirklichkeit seine romantischen Abenteuer im Jagen von Panzern auf Mondschein-Maps. Mir kann er nichts vormachen.

Dann legte ich nach und ging gekonnt in die Offensive: "Dank meiner MX700, treffe ich jetzt auch besser." Tine war am explodieren. Ihr getreuer Schosshund konnte sich kaum noch halten.

Jetzt hatte ich mir meinen Gegner so hingelegt, wie ich ihn brauchte. Ich kam mir vor wie ein Panzerfaustschütze, der mit durchgeladener Waffe hinter einem angeschossen Sherman steht. "Und um 20:30 beginnt wieder ein Community-War-Training unseres Battlefield.net-Forums"

In diesem Moment stand mein Schatz resignierend auf, packte Tine und schleppte sie unter ihren üblichen Protesten in die Küche. Ich hörte noch wie sie sagte: "Der Abend ist gelaufen - aber wir haben wieder ein lecker Likörchen im Kühlschrank."

Ein paar Minuten später waren wir dabei die Aufstellung der "Bayern" zu kritisieren und uns über zweifelhafte Schiedsrichter-Entscheidungen aufzuregen. Es stellte sich heraus, das mein neuer Freund Klaus-Dieter heißt. Hätte ich das nur vorher gewusst. Mit so einem Namen, kannst Du doch nur ein PC-Junkie sein.

Tine ist mittlerweile wieder neu liiert. Diesmal ist Sie auf Nummer sicher gegangen und hat sich einen im Wald lebenden Öko-Aktivisten geschnappt, der regelmäßig Sit-Ins organisiert.

Aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass da mehr dahinter steckt. Schliesslich sind auf seinen Namen etliche Webseiten registiert...

Was ich damit sagen wollte: Gäste sind was wunderbares - vor allem, wenn sie die gleichen Interessen haben wie ihr selbst. Ansonsten sind's wahrscheinlich Verwandte.

Euer Tom

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Hallo Tom,

man ertappt sich wieder einmal daß man beim Lesen der neusten "Ausgabe" sich das Lachen nicht verkneifen kann! Die Wortwahl bei den Erklärungen ist einfach nur Sahne!

Gratulation, weiter so!

Ich hatte beim ersten "War " gegen die Briten auch schon meine Felle davonschwimmen sehen und mußte mich auch mit einem wohlüberlegten "Kunststück" aus der Affäre ziehen! :lol:

"Ich hab' grad ein 'Bloodpatch' für Version 1.45 von BF1942 selbst programmiert."...Stille im Raum...kurze Pause..."Und er läuft auf allen Servern."
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wie immer ein sehr gelungendes stück der schreibenden kunst. mach weiter so und treib uns die wahrheiten des lebens in unsere sellen damit das hirn was zum nachdenken hat.

:respekt::respekt::respekt::respekt:

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Moin moin

Und wieder einmal hat unser Frontschreiberling und Taktikoberoffizier Dispotentom eine comidiantische(schweres Wort so früh am Morgen :lol: ) Glanzleistung vollbracht.

Bei deinen Kolumnen bekomm ich regelmässig ein mächtiges Dauergrinsen, welches ich nur durch sofortiges Denken an die montagliche Arbeit wieder weg bekomme.

Freue mich auf die folgenden Kolumnen. :respekt:

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Total Geil, Tom.

Deine Story´s sind immer klasse.

Da kann ich mich Make my Day nur anschliessen.

Freue mich auf die folgenden Kolumnen.  :respekt:
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Ich hatte beim ersten "War " gegen die Briten auch schon meine Felle davonschwimmen sehen und mußte mich auch mit einem wohlüberlegten "Kunststück" aus der Affäre ziehen! :lol:
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Super ich kann nicht glauben dass die Geschichte aus dem echten Leben sein soll :) Tja Dispotom steht für Qualität statt Quantität sieht man an seinen Posts :lol:

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Vielen Dank!

Die Idee stammt tatsächlich aus dem täglichen Leben. Der ein oder andere hat in der Vergangenheit schon mal gejammert, dass a) entweder jemand zu Besuch kam oder er B ) jemand anderen Besuchen wollte/musste.

Immer um den Monatsanfang gibt's diese Kolumnen. Und in der nächsten Runde steht ja schon der Trouble um das Weihnachtsfest bevor.

viele Grüße,

Tom

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