Killerspiele: CDU geht in die Vollen

Das Verbot sogenannter Killerspiele glaubten wir eigentlich langsam von Tisch. Zu abwegig ist in Zeiten internationaler Turniere und globalisiertem Gameplay eigentlich die Vorstellung, Spiele wie Counterstrike oder Battlefield 2 könnten in Deutschland plötzlich verboten werden. Anders sehen das die Innenminister der Union, die auf einer Klausurtagung im Sachsen-Anhaltischen Wanzleben auch über diese Frage debattiert haben. Dabei herausgekommen ist eine Absichtserklärung, die viele lose Formulierungen des Koalitionsvertrags konkret auf den Bereich Computerspiele erweitert.

Haltlose Argumente

Was sich die Herren Minister in geschlossener Runde ausgedacht haben, klingt wie ein Märchen aus den bittersten Zeiten der Zensur. Im Wortlaut heißt es in der Presseerklärung, "die Unionsinnenpolitiker sprechen sich (zudem) für ein Verbot sowohl der Produktion als auch des Vertriebs so genannter "Killerspiele" aus.". Im Klartext bedeutet das, in Deutschland ansässige Studios dürften zukünftig noch nicht mal an der Herstellung eines Spiels beteiligt sein und was ein allgemeines Vertriebsverbot bedeutet, kann sich jeder selbst zusammenreimen. Begründet wird die Forderung unter anderem mit der angeblich sehr mangelhaften Prüfung durch die ?Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle? (USK), die zudem nicht mit dem Jugendschutzrecht in Einklang stehe. Hier fragt man sich allerdings, auf welcher Grundlage die Minister die Arbeit der USK bewerten. Laut den im Januar vorgelegten Zahlen wurden 2005 so viele PC-Spiele geprüft, wie nie zuvor (1.310 Stück ) und auch die Zahl der Indizierungen ist noch einmal leicht angestiegen. Deutschland hat bereits die härtesten Kontrollen, die möglich sind.

Fast schon chinesische Verhältnisse

Als wäre die Kritik an der USK nicht genug, wird der Ton in der Pressemitteilung sogar noch schärfer. Brutale Video- und Computerspiele stellen ein erhebliches Gefährdungspotential insbesondere für Kinder und Jugendliche dar. Besonders erwähnt werden hier ?virtuelle Killerspiele im Internet?. Was genau darunter fällt, wird offen gelassen, der Sprung zu Battlefield 2, Counterstrike und anderen Taktik-Shootern ist allerdings nicht weit. Geht es nach der CDU, würde man uns und wahrscheinlich auch unsere komplette Website absägen. Der hessische Innenminister Volker Bouffier geht sogar noch einen Schritt weiter und fordert ? wie in China ? eine Zensur über Internetfilter. Laut seinen Worten "sind insbesondere die Provider gefordert, aber auch die Betreiber von so genannten Internet-Cafes"..

Zum Schutze der Jugend Die Wünsche der Minister sind klar formuliert, allerdings meint man in der Pressemitteilung an vielen Stellen eine Abwehrhaltung zu erkennen. Es scheint fast so, als würde man die unbekannte Welt der Games und Gatherings (LANs) nicht verstehen. Gamer haben eine eigene Sprache, eigene Riten und bilden eine eigene Subkultur, die man vor einer generellen Beurteilung erst einmal verstehen lernen muss. Die meisten von Ihnen begrüßen den Jugendschutz und halten es für genau so falsch wie die meisten Politiker, altersbeschränkte Spiele an Kids abzugeben. Und es liegt nicht an den Spielern, wenn sich Online- und (vor allem) Einzelhändler einen Dreck um Altersfreigabe scheren. Es liegt nicht an uns, wenn Eltern das Verbot mit Geschenken unterm Weihnachtsbaum umgehen und es liegt auch nicht an uns, wenn Eltern den Medienkonsum ihrer Kids nicht unter Kontrolle haben. Und wenn die Politik wirklich etwas zum Schutze der Jugend unternehmen möchte, sollte sie vielleicht mit der Demontage der vielen Kippenschleudern in Deutschland beginnen. Die stehen nach unserer kurzen Beurteilung der Sachlage ebenfalls "nicht im Einklang mit dem Jugendschutz". Im Geschäft ist es immer noch der Kassierer, der im Zweifelsfall einen Ausweis verlangen kann. Der Geldschlitz stellt diese Frage nicht.

Am Ende eine Frage der Lobby

Wo wir gerade beim Thema sind: Geld spielt beim Poker der Herren in den Anzügen natürlich auch eine Rolle. Denn nicht nur die Tabakindustrie hat eine Lobby, sondern auch Spiele-Studios, Publisher und Hardwareanbieter. Laut den jüngsten Zahlen des Verbands der Unterhaltungssoftware Deutschland e.V. (VUD) werden hier jährlich 1,3 Milliarden Euro mit Unterhaltungssoftware umgesetzt, dazu noch einmal drei Milliarden mit der passenden Hardware. Und die Player auf diesem Markt können sicher viele Dinge gebrauchen, nur kein Spielverbot, das nach konservativer Interpretation leicht auf Realtime Strategie (Vernichte Deinen Gegner) und Rennspiele (Rasen, Rammen, Randalieren) ausgeweitet werden kann. Unruhe dieser Art ist das letzte, was die Branche gebrauchen kann. Deshalb wird der sanfte Widerstand der Lobby in Form von Studien und Initiativen nicht lange auf sich warten lassen. Schon alleine die Vorstellung, deutsche eSportler würden sich zukünftig durch das Training von Spielen mit Vertriebsverbot in Deutschland strafbar machen, ist dafür Ansporn genug.

Idee vom Spielerverband noch lange nicht tot

Neben der Spiele- und Hardware-Industrie gibt es noch eine andere Gruppe, die Einfluss nehmen kann. Die Spieler selbst. Wenig Gewicht haben dabei jedoch Online-Aktionen. Eine im Web erstellte Petition ist - so nett der Gedanke sein mag - nicht halb so wirksam wie ein real existierender Verband. Ob sich ein solches Projekt jedoch in die Tatsache umsetzen lässt ist fraglich, was nicht zuletzt die Streitereien in den Verbänden der Anbieterseite gezeigt hat. Spieler ist eben nicht gleich Spieler und die große Aufgabe einer solchen Institution wäre es, alle unter einen Hut oder zumindest ein Dach zu bekommen. Ein schwieriges Unterfangen, das aber Durchaus seinen Reiz hat.