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Battlefront-Kolumne: Der vermeidbare Shitstorm

Battlefront-Kolumne: Der vermeidbare Shitstorm
von panzerfahrer 20.11.2017 8 Kommentare

Vor wenigen Tagen ist Star Wars Battlefront 2 erschienen. Die Vorfreude war riesig, die geweckten Ansprüche hoch. Battlefront 2 wollte alles besser machen, als sein recht einfach gestrickter Vorgänger aus dem Jahr 2015. Drei Entwicklungsstudios (DICE, Motive, Criterion) arbeiteten hierfür zusammen, dazu kommt Disney als Lizenzgeber, der über das Gesamtwerk wachte.

Für Electronic Arts schien alles rund zu laufen, bis kurz nach der Open Beta erste kritische Stimmen zu den Echtgeldtransaktionen des Spiels laut wurden. Davon ausgehend, dass sich die Kritiker wieder beruhigen werden setzte EA alles daran das Spiel pünktlich zum Release-Termin zu veröffentlichen – und erntete mal wieder einen vermeidbaren Shitstorm, der in seiner Wucht und in seinem Ausmaß selbst viele Spieler überraschte. Ein Fiasko in fünf Akten.

Erster Akt: Vorschusslorbeeren

Frühjahr 2017: Der erste Trailer zu Star Wars Battlefront 2 ist da und Fans und Kritiker sind überwältigt oder, je nach Sichtweise, von der anlaufenden Marketing-Maschinerie überrollt worden. Obwohl noch wenig über das Spiel bekannt ist, sind die ersten Kritiken zu Star Wars Battlefront 2 sehr positiv. Eine gute Ausgangsbasis, auf der sich aufbauen hätte lassen, denn Fans, Spieler und Kritiker hatten das Gefühl: „Ja, das könnte etwas werden, die meinen es wirklich ernst“. Dann der Biss in den sauren Apfel: Battlefront 2 wird Mikrotransaktionen enthalten! Trotz dieser Nachricht blieben Spieler und Kritiker positiv gestimmt, denn immerhin entfällt der Season Pass und alle Zusatzinhalte werden kostenlos veröffentlicht. Wird schon nicht so schlimm werden. Overwatch und Rainbow Six: Siege haben es mit ihrem kosmetischen Firlefanz doch vorgemacht, also alles halb so wild.

Zweiter Akt: Der Hypetrain nimmt Fahrt auf

Nach der E3 und der Gamescom im Sommer wurden parallel zum Multiplayer immer mehr Details zum Singleplayer bekannt. Er gehört zum Kanon! Er spielt auf Seiten des Imperiums! Ein Sahnehäubchen, welches das perfekte Star-Wars-Spiel garnieren sollte. Doch da war er wieder, der Gedanke: "Wird schon nicht so schlimm werden mit den Mikrotransaktionen, oder?". Dann kam die Open Beta. Erstmals durften Spieler selber ran und Teile des Spiels antesten. Für viele ein kleiner Schock, denn ab diesem Zeitpunkt war klar, dass auch Battlefront 2 in seiner Spielkomplexität eher simpel ausgelegt ist. Aber hey, was soll's, verschmerzbar! Es ist Star Wars! Viel bedeutender war, dass die ersten Auswirkungen des Progression-Systems sicht- und spürbar wurden. Das Echo auf die Open Beta war deshalb geteilt, bereits hier hätte EA ausreichend Zeit gehabt, sich noch einmal intensiv damit zu beschäftigen, ob Battlefront 2 tatsächlich so auf den Markt kommen sollte. Doch vieles, was Spieletester und Spieler anmahnten konnte aufgrund des immer näher kommenden Release-Datums nicht mehr umgesetzt werden, allenfalls wurde Spielkosmetik betrieben. Und immer wieder die Beschwichtigung, dass alles noch nicht final sei.

Dritter Akt: Der Hypetrain entgleist

Als vor rund vier Wochen alle Details des Progression-Systems an die Öffentlichkeit gelangten, war der Umschwung zur negativen Berichterstattung bereits in vollem Gange. Die Spiel-Balance sei teilweise völlig hinüber, es sei kein gezieltes Freispielen möglich, für Freizeitspieler gelten darüberhinaus recht hoch angesetzte Hürden, dazu ein fast ausschließlich dem Zufall überlassenes Lootboxen-System, so der Tenor vieler Previews. Und wer will bzw. muss, kann Unsummen an Echtgeld im Vollpreisspiel Battlefront 2 versenken. DICE versuchte Schadensbegrenzung in dem immer wieder darauf verwiesen wurde, dass weiterhin noch am Progression-System gearbeitet wird. Vier Wochen vor Release? Aha. Doch für viele Fans war es bereits zu spät. Das Problem verstärkt hat nicht zum ersten Mal die Informationspolitik von Electronic Arts, deren Strategie es mal wieder war, Spieler erst ganz kurz vor Release über die wenig spaßigen Eigenschaften eines Spiels zu informieren.

Vierter Akt: Der Reddit-Wahnsinn

Als EA letzte Woche dann mit einem standardisierten PR-Statement auf Reddit) die Fans abspeiste und die Gemüter damit zum Überkochen brachte, waren Kaufwarnungen und Negativkritik nicht mehr aufzuhalten. Was folgte war ein historisch einzigartiges Reddit-Topic, das mit seinen Downvotes alle bisher bekannten Grenzen sprengte. Nicht mal eine „Ask-me-Anything“-Gesprächsrunde mit den Entwicklern auf Reddit konnte die Gemüter beruhigen. Viele Kommentatoren schalteten in einen wenig hilfreichen "Rage-Mode" und ließen ihren Gedanken freien Lauf. Als dank Early Access abzusehen war, dass auch die Singleplayer-Kampagne ein eher durchschnittliches Spielerlebnis mit Schießbuden-KI und einen hanebüchenen Plot bietet, war der Shitstorm perfekt. Warum nur, EA? Warum nur DICE, habt ihr den Spielern das angetan? Mit einer Lizenz, die so viel Potenzial hat? W-A-R-U-M?

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Kommentare
20.11.2017 20:58 Rupert_The_Bear
"Es werden sicher noch einige Shitstorms vorüberziehen, bis das Spieldesign wieder einen Weg einschlägt, der Kunden nicht wie Lemminge oder Melkvieh behandelt, sondern sich wieder auf gute und spaßige Spielaspekte konzentriert. Ob auf Seiten der Publisher allerdings ein Lerneffekt einsetzt, darf bezweifelt werden. Der Kunde kann allerdings dafür sorgen, dass die "Machtverhältnisse" wieder ausgewogen sind."

Dem ist nichts hinzuzufügen :) Die Hoffnung stirbt zuletzt!
20.11.2017 21:56 Elbarto
Aber sie stirbt
20.11.2017 23:44 DaWallace
Wie groß wird wohl der Teil an Zocker sein, die es eben wegen diesem Grund boykottieren und wie viele Kiddies werden eben genau dieses SW:BF2 unterm Tannenbaum wieder finden? Die Verkaufszahlen werden trotzdem hoch sein und EA wird es sicher einen Rotz interessieren, dass es "Aufständische" gibt/gab. Money money money,Must be funny,
In the rich man's world...
21.11.2017 00:46 TASS
Wie immer hervorragende Arbeit von Kollege Panzerfahrer, kann ich eigentlich nur unterschreiben.

Ob man bei EA wirklich nachhaltig daraus lernt? Ich wage es zu bezweifeln. Und doch ist Battlefront 2 ein Publishing-Disaster wie wir es lange nicht erlebt haben. Dass EA in Mainstream-Medien schlechte Presse hinnehmen muss und dafür dann auch noch Druck von seinem Lizenzgeber (Disney) bekommt, das ist sicher einmalig. Und es wird Geld gekostet haben.

Die Uhr lässt sich leider nicht zurückdrehen. Das betrifft sowohl Battlefront 2, als auch den Markt als Ganzes. Aber vielleicht hat EA ja immerhin genug gelernt um sich und uns in naher Zukunft zumindest ein weiteres Disaster dieser Art zu ersparen, völlig ohne dafür zur Wohlfahrtsorganisation zu werden.
21.11.2017 19:44 Nightmare
Na ja Tass, sagen wir es mal so...
Es ist ein beweiß das EA und Dice bis zum heutigem Tag aus der Vergangenheit nichts gelernt haben für mich man bedenke nur mal die letzten 10-12 Jahre...
Und die Hoffnung das, dass Kapital (EA) lernt die hab ich aufgegeben!
Ich spiel mitlerweile immernoch vieles, aber keine EA Titel der letzten 10 Jahre mehr, da bin ich drüber hinweg. Die Erinnerungen an bessere Zeiten als DICE noch eigenständig war, sind nur noch die Reminiszenzen eines mitlerweile in die Jahre gekommenen ehemals jungen Mannes der mal in der Moddingwelt unterwegs war, ein Begriff der bei EA in den letzten 8-10 Jahren nicht mal mehr ernstgemeint im Wortschatz stand/vorkam.
Insofern es war schön, aber es hat auch ein Ende.
22.11.2017 18:06 TASS
Das ist alles nicht verkehrt. In vielem ist EA in diesen Jahren aber Marktrends gefolgt. Und ich behaupte jetzt mal: wirtschaftlich erfolgreich. Wie groß die wirtschaftlichen Folgen dieses Publicity-Disasters sein werden wird sich noch abschließend zeigen müssen. Es unterscheidet sich in Art und Reichweite aber grundlegend von Beispielen aus den 8-10 Jahren, die du angesprochen hast. Time will tell...
24.11.2017 14:11 alterRasierschaum
Schadenfreude ist die schönste Freude :ugly: ... besten Dank für die Analyse zum vermeidbaren Shitstorm, den hätte der Saftladen eigentlich schon früher verdient gehabt. Allerdings wird dieser wie schon angemerkt wurde wohl nichts von dem bewegen was uns bewegt.

Eigentlich mag ich das gar nicht so schreiben, aber es ist halt auch wieder eine Art "Abbild unserer Gesellschaft". Am heutigen BlackFriday geht es um den ungehinderten und rücksichtlosen Konsum, die KosumEnten sind in ihrem Element. Man nimmt sich einen Tag Urlaub um in Völkermassen unter zu gehen und um sich um 90% reduzierte Tennissocken zu balgen, obwohl man kein Tennis spielt. Oder um sich eine neue Glotze zu kaufen weil die alte noch schwarzweiss ist und die Katze wegen der Ultraschallfernbedienung beim Senderwechsel die Wände hochkriecht :ugly:

Naja, kann ja sein, aber was will der alte Sack denn nun damit sagen ¿? - Die grosse Mehrheit interessiert sich nicht, liest zB das auf dieser Seite hier geschriebene nicht. Die ganzen Abzockmechanismen der Publisher haben sich dermassen etabliert und sind für die grosse Mehrheit der Zocker normal, wenn nicht sogar egal.

Ich selber habe ja vor langer Zeit selber scharf auf die DLC-Geschichten geschossen (BF2:AF und BF2:EF), NIEUNDNIMMER werde ich jemals Knete für sowas ausgeben ... tatsächlich bin ich heute soweit dass ich gerne Extrakröten für DLCs ausgebe. Der HomoSapiens ist halt von der Natur her ein Opportunist, so wie Du, so wie ich.

Oder konkreter : BF war modbar und hat dadurch nebst den reinen Konsumenten auch die kreativen Macher vereint. Nun ist es halt nur noch ein Teil für Konsumenten. Aber wäre an der Geschichte etwas anders, wäre BF heute noch modbar ? Hätte das einen Einfluss auf den Konsum von BF ?

Nein, ich modde seit 10 Jahren für ein anderes Spiel. Seinerzeit gab es jährlich um die 1000 Mods für das Spiel, bei weltweit etwa 100000 Spielern. Heute wird das Spiel von weit über 500000 gespielt, ist immer noch modbar, die Zahl der jährlichen Mods liegt aber weit unter 1000. - Die KonsumEnte bestimmt den Markt, und die will konsumieren und bezahlt für den Papierhut gerne Extrageld. Den Papierhut hätte man früher in ein paar Minuten selber gefaltet oder gemoddet und der Community zum Frass vorgeworfen. Mit Papierhüten wird aber heute BigBusiness gemacht, weshalb der Shitstorm am Ende nicht relevant für die Papierhutindustrie ist :ugly:

Kann sein das mein Text unübersichtlich und unverständlich ist, das macht aber nix, ich trage statt Papier- einen Aluminiumhut ... davon kriegt man halt Alzheimer statt Druckerschwärze :D
24.11.2017 17:18 scratchy
Alter^^